
Stell dir vor, du stehst an einem stillen Seeufer, mit Kamera oder Fernglas in der Hand, und fragst dich: Müsste auf einer Kugelerde nicht irgendwann etwas hinter dem Horizont verschwinden? Wenn man weit genug schauen kann – sagen wir über 7 Kilometer Wasser –, müsste man dann nicht einen Beweis für die Krümmung sehen?
Genau dieser Gedanke hat uns an den Geiseltalsee geführt. Wir wollten herausfinden, ob man dort – ganz praktisch – die Krümmung der Erde sichtbar machen kann.
Der Geiseltalsee – 7 Kilometer Wasserlinie für die eigene Beobachtung
Der Geiseltalsee liegt in Sachsen-Anhalt, in der Nähe von Braunsbedra, Mücheln und Frankleben. Mit einer Länge von 7,3 km ist er der größte künstliche See Deutschlands. Das Gelände rundherum ist flach, das Wasser bei Windstille ruhig – und die Uferzonen sind öffentlich zugänglich. Genau das macht den See zu einem interessanten Ort für Experimente mit der Horizontlinie.

Ein paar Eckdaten:
- Länge: 7,3 km
- Fläche: 18,4 km²
- Maximale Tiefe: 78 m
- Höhe über NHN: 98,05 m
Theoretisch müsste bei einer Distanz von 7 km, beobachtet aus einem Meter Höhe über der Wasseroberfläche, etwa 92 cm der Sichtlinie hinter der Erdkrümmung verschwinden. Das kann jeder selbst nachrechnen – es gibt Online-Rechner dafür, und die Werte sind klar definiert.
Unsere eigene Beobachtung – unter realen Bedingungen
Wir waren selbst vor Ort, mit einer Nikon P1000. Gefilmt wurde aus etwa einem Meter Höhe über dem Wasserspiegel, und zwar einmal von der Seebrücke in Braunsbedra zur Tauchbasis Frankleben – und umgekehrt von Frankleben zurück. Die gemessene Strecke: 3.866,76 m (siehe Bildmaterial).
Allerdings waren die Bedingungen bei unserem Besuch alles andere als optimal:
- Starker Wind, entsprechend hoher Wellengang
- Sonne kurz vor dem Untergang, daher schlechte Sichtverhältnisse
- Sichtweite durch atmosphärische Effekte zusätzlich erschwert
Trotzdem konnten wir eine Strecke von fast 3,9 Kilometern gut dokumentieren. Das allein zeigt, dass eine Beobachtung möglich ist – aber gleichzeitig auch, wie stark äußere Faktoren wie Wind, Licht und Wellen das Ergebnis beeinflussen können.

Was ist mit dem Laser?
Eine häufig diskutierte Alternative ist der Einsatz eines kleinen Lasers, der möglichst nah an der Wasseroberfläche entlangprojiziert wird. Auch wir haben darüber nachgedacht: Muss man den Laser unbedingt knapp über dem Wasser positionieren – also zum Beispiel in 0,5 m Höhe? Oder kann man auch einfach in 1 m Höhe arbeiten – und dann die Kamera auf exakt dieselbe Höhe ausrichten?
Theoretisch müsste der Laserstrahl auf einer Kugelerde nicht gerade durch den Raum gehen, sondern mit der Erdkrümmung „brechen“ – was natürlich physikalisch nicht möglich ist. Also müsste der Strahl spätestens nach ein paar Kilometern über den Kopf hinweg verlaufen.
Aber sieht man den Laser überhaupt? Reicht ein einfacher Punkt, oder sieht man nur das Licht flackern? Auch das ist eine Frage, die sich erst im praktischen Versuch klären lässt. Uns ist klar: Das Ganze ist eine knappe Kiste. Schon kleine Abweichungen bei der Höhe, beim Wind oder bei der Temperatur können das Ergebnis beeinflussen.
Der Vergleich: 70 Kilometer vs. 7 Kilometer
In einem anderen unserer Beiträge zeigen wir ein Schiff, das aus 70 km Entfernung gefilmt wurde – obwohl laut offizieller Berechnung mehr als 200 m der Sichtlinie hätten verschwinden müssen.
Hier geht’s zum Beitrag: [JETZT LESEN]
Das zeigt deutlich: Je größer die Distanz, desto klarer lässt sich eine Krümmung – oder eben das Fehlen einer solchen – sichtbar machen.
Der Geiseltalsee mit seinen 7 km wirkt im Vergleich dazu natürlich deutlich kompakter. Aber gerade deshalb ist es so interessant, sich genau hier mit der Frage zu beschäftigen: Wie fein kann man eigentlich messen – und wie realistisch ist es, auf so einer kurzen Strecke einen klaren Nachweis zu führen?
Natürlich wurde die 70-km-Aufnahme in Kroatien gemacht, also direkt am Meer. In Deutschland wären vergleichbare Distanzen nur an der Nord- oder Ostsee zu finden – und das bedeutet für viele einen nicht unerheblichen Reiseaufwand.
Deshalb stellt sich die Frage: Was haben wir hier, in unserer Heimat – ohne großartig zu verreisen?
Warum Wasser – und warum der Geiseltalsee?
Wer über Land eine solche Messung versuchen möchte, stößt schnell an Grenzen. Selbst eine lange, gerade Straße ist selten völlig eben. Man müsste alle Höhenmeter auf Normalnull beziehen und exakt nivellieren – eine nahezu unmögliche Aufgabe über mehrere Kilometer hinweg.
Eine Landebahn oder schnurgerade Autobahn über viele Kilometer? Vielleicht theoretisch machbar – aber praktisch kaum umsetzbar.
Bleibt also nur das Wasser.
Wasser ist im Ruhezustand flach. Das ist eine physikalische Konstante – und deshalb die beste Grundlage, um Krümmung zu prüfen. Genau hier liegt die Stärke des Geiseltalsees: Er ist lang genug, ruhig genug, und leicht erreichbar – vor allem für alle, die in Mitteldeutschland wohnen.
Was glaubst du?
Könnte der Geiseltalsee ein Ort sein, an dem man die wahre Form der Erde beobachten kann?
Oder sind 7 Kilometer zu kurz, um einen klaren Unterschied zu sehen?



Wir wissen es ehrlich gesagt nicht.
In der Theorie ist es klar messbar – aber ob man den entscheidenden Moment mit den perfekten Bedingungen wirklich trifft, ist eine andere Sache.
Wir waren da – und wir werden wiederkommen.
Übrigens:
Wir haben unsere Aufnahmen vom Geiseltalsee auch in einem kurzen Video zusammengeschnitten – inklusive Sonnenuntergang, Wellenspiel und Blick über das Wasser. Wenn du einen Eindruck davon bekommen möchtest, wie es vor Ort wirklich aussah, schau dir hier das Video an:
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